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Der Erfolg eines jeden Projektes ist abhängig von der Zuverlässigkeit, Professionalität und Aufrichtigkeit der Projektpartner. Sie sind das Bindeglied zwischen den Unterstützern und den Menschen, denen wir helfen wollen. Sie müssen beide Kulturen verstehen und respektieren (so wie jeder der Entwicklungshelfer - das erfordert Zeit).

Menschen in Nepal wachsen grundverschieden zu Europäern auf. Viele Dinge, die wir als "normal" annehmen, sind es für sie nicht. Das gilt auch umgekehrt! Was von ihnen erwartet wird - korrekte Buchführung und vollständige Berichterstattung - liegt oft nicht in ihrem Erfahrungsspektrum und der Zweck ist für viele Menschen ohne zureichende Wirtschaftsbildung nicht ohne weiteres ersichtlich.

Es erfordert eine Menge Zeit und Ausdauer, geeignete Projektpartner zu finden und zu testen, deren Eigeninteressen nicht über kurz oder lang jenen der Hilfsprojekte entgegenstehen sollen.

Pujan Gandharba, mit dem ich seit Mai 2014 zusammenarbeite, entwickelt sich sehr vielversprechend. Er ist Entwicklungshelfer in Nepal und setzt sich mit der Gandharba Society for Nepal für die unteren Schichten der Gesellschaft ein. Wir realisieren gemeinsam Social Business Projekte, um bedürftige Familien zu stärken, so dass diese selbst für ihre Gesundheit und Bildung sorgen können.

Die Gandharba Society for Nepal ist eine nepalesische Initiative, die sich für die Mitglieder niedriger Kasten wie die Gandharbas oder aus dem Kastenwesen ausgeschlossene Dalits, auch genannt "Unberührbare", einsetzt.

Ich arbeite in mehreren Projekten mit Mitgliedern der Gandharba Society for Nepal, die auch nach dem Erdbeben in Gorkha sehr aktiv war. Bei meinem Hilfseinsatz dort habe ich eine Aktivistin, die mir bekannt war, zufällig getroffen. Im zuständigen Zentrum für die staatliche Organisation der Hilfslieferungen beobachteten wir gemeinsam die Desorganisation und mussten feststellen, dass wir dort zu diesem Zeitpunkt (10 Tage nach dem verheerenden Beben) NULL Informationen bekommen konnten, wo unsere Hilfe nötig ist. Wir benutzten daraufhin meine Kontakte (Lehrer) für die Kontaktaufnahme zu Dörfern, die Hilfe benötigten, und organisierten Informationsketten, um den Bedarf an Nahrungsmitteln zu eruieren. So konnten wir, wenn wir mit den Lastwagen kamen, Unruhen oder Konflikte mit benachbarten Dörfern vermeiden.

Pujan Gandharba

Sandra Fiedeldy (Australien) gründete und leitet das Sarangi Gandharba Restaurant in Kathmandu und betreibt weitere Hilfsprojekte u.a. gemeinsam mit der Gandharba Society for Nepal. Wir arbeiten nebeneinander und miteinander. Nach dem zweiten Erdbeben war ich beratend tätig für eine Gruppe um Sandra, die sich der Schaffung von Obdach annahm. Nur die zeitliche Beschränkung meines Visums hielt mich davon ab, bei einer Gruppe mitzumachen, die die Mittel des Rotary Club Australia für Wohnbaumaßnahmen als Erdbebenhilfe einsetzen sollte.

Durga Shrestha betreibt ein Mikrokreditinstitut in Kathmandu, mit denen sie vorwiegend Frauen unterstützt. Es sind kleine Läden und Betriebe, Familienunternehmen, die mit Durgas Hilfe aufgebaut werden. Sie versucht, die Ungleichstellung der Frauen in diesen Familien zu lindern, indem sie in der Regel mit den weiblichen Mitgliedern kooperiert und so deren Status erhöht.

Lisa Weber, Volunteer in Nepal unmittelbar vor den Beben, besuchte Durga und einige ihrer Projekte: Durga ist eine selbstständige Frau aus Nepal. Sie lebt mit ihrer Familie in Kathmandu, dort führt sie ein kleines Unternehmen, welches neun Mitarbeiter beschäftigt. Durga vergibt Mikrokredite an Frauen, um ihnen ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. Sie zahlt Beträge an Frauen aus und gibt ihnen die Möglichkeit, diese täglich in kleineren Summen zurück zu zahlen. Durch Durgas Hilfe wurde vielen Frauen der Traum von einem lebenswerteren Dasein erfüllt.

Mikrokredit-"Sparbuch" - Kathmandu

Barbara Monachesi (Italien) arbeitet für APEIRON, eine italienische Hilfsorganisation die mit staatlichen Mitteln finanziert wird. Sie gründete und leitet bis heute das CASA NEPAL, ein Frauenhaus in Kathmandu, das den Frauen und deren Kindern, die dort unterkommen, neben einem geregelten und sicheren Leben auch Life Skill Lessons anbietet: Die dort untergebrachten Frauen bekommen Unterricht in Lesen und Schreiben, Mathematik und grundlegende Business-Kentnisse. Es gibt regelmäßigen Unterricht in verschiedenen Tätigkeiten, zum Beispiel Schneidern. Ziel ist es, den Frauen die Möglichkeit zu geben, ein selbständiges Leben zu führen, da sie in ihrem Umfeld (zwangsverheiratet und teils unvorstellbare häusliche Gewalt) kein sicheres Leben führen können. Viele der Frauen in Casa Nepal können sich in ihrem familiären Umfeld ihres Lebens nicht sicher sein.

www.apeiron-aid.org/ita/scheda-nepal.asp

Wir streben gemeinsame weitere Projekte an. Noch kurz vor den Erdbeben besuchten wir gemeinsam eine Modellsiedlung, in der versucht wird, den Stonebreakers (Steineklopfern) mit verschiedenen Maßnahmen wie Infrastrukturförderung und Bildungsprojekten eine würdige Zukunft zu geben. Löhne von unter einem Dollar pro Tag sind üblich, davon muss eine ganze Familie leben. Und seit dem Erdbeben ist es sehr schwer, selbst dieses mickrige Geld für das nackte Überleben zu verdienen, da die Wirtschaft unter den Folgen der Beben darbt.

Nasreen Sheikh stammt aus einem ländlichen Gebiet an der indischen Grenze und hat sich erbittert gegen ihre Zwangsheirat gewehrt. Sie baute sich unter vielen Gefahren in Kathmandu ein eigenes Unternehmen auf, wo sie heute faire Textilprodukte herstellt und dafür andere unterdrückte Frauen anstellt.

www.lwhnepal.com

Ich habe Nasreen als sehr aufrichtige und hilfsbereite Person kennengelernt und bereits dreimal mit ihr zusammengearbeitet. Zweimal hat sie mir mit der Versorgung von misshandelten Frauen geholfen, und mittlerweile beziehe ich ihre Waren aus Nepal in Österreich. Dies dient dazu, ihrem Unternehmen einen gewissen Absatz zu bescheren, da die Wirtschaft in Nepal aufgrund verschiedener Gründe seit den Erdbeben darbt und auch der Tourismus eingebrochen ist. Andererseits dient die Vermarktung der Produkte der finanziellen Unterstützung für die weiteren Projekte in Nepal.

Nasreens Shop in Kathmandu: Local Women's Handicraft

Secret Garden Disaster Relief ist eine Initiative des Secret Garden Guest House in Kathmandu. Beth Polski (England) und Dipu (Nepal) leiten dieses Hostel und öffneten nach dem ersten schweren Beben ihre Tore für alle Touristen, die vielmals wegen Personalmangels aus ihren Hotels geworfen wurden, aber auch für die lokale Bevölkerung. Seither treffen sich dort viele vorwiegend private Initiatoren und Aktivisten, um von dort Hilfslieferungen und Wiederaufbauprojekte zu leiten.

Wann immer ich Zeit hatte, war ich dort nach den Beben beratend tätig, da meine Erfahrungen mit Hilfsprojekten in Nepal die der meisten der dortigen Aktivisten übersteigt, handelt es sich doch hauptsächlich um unerfahrene Rucksacktouristen, die ihren Idealismus und all ihre Energie einsetzen. Ich lege dort großen Wert auf die Bewusstseinsbildung, die Bedürfnisse der Nepalesen zu berücksichtigen, scheitern doch die meisten Entwicklungsprojekte an den Differenzen der Vorstellungen von westlichen Helfern und einheimischen Menschen. Wir arbeiten eng zusammen, doch lege ich großen Wert auf meine Unabhängigkeit, da diese Initiative sehr jung ist und noch nicht auf ein transparentes Finanzwesen verweisen kann. Die Arbeit mit dieser Gruppe ist jedoch sehr effizient. So konnte ich gemeinsam mit dieser Gruppe meine erste Nahrungsmittellieferung organisieren, die von Spendern von  Nepal Direct finanziert wurde, bei der ich nicht persönlich den Transport leiten musste und mich weiter auf meine Aufgaben in Kathmandu konzentrieren konnte.

Nächtliche Sitzung in Kathmandu für die Koordination der Katastrophenhilfe

Jelu Mulmi, die im Herbst 2015 auch Österreich besuchte, ist Nepalesin und hat langjährige Erfahrung als Entwicklungshelferin in Nepal. Sie kennt daher sehr viele gängige Tricks, die von lokalen Arbeitern und Organisationen angewendet werden, um Gelder von Entwicklungsorganisationen zu veruntreuen und hilft uns, dies zu verhindern. Sie sieht auf Anfrage Kostenaufstellungen durch und erlaubt es uns so, die Kosten für Material und Arbeitsleistungen vor Ort zu kontrollieren. Dies ist nötig, um dem in Entwicklungsländern bekannten Problem von Scheinrechnungen entgegenzuwirken. Dabei werden auf Rechnungen, sofern man überhaupt welche erhält, Scheinbeträge ausgewiesen. Obwohl diese manchmal ein Vielfaches des tatsächlichen Preises aufweisen, ist dies oft nur von lokal ansässigen Personen zu erkennen.

Jelu half bei dem Katastropheneinsatz in Gorkha tatkräftig mit. Gemeinsam mit Parbati, einer ortsansässigen Lehrerin, erledigten wir Recherche, Informationsaustausch, Wareneinkauf und –lieferung, um die notleidende Bevölkerung in Teilen Gorkhas zu versorgen.

Jelu Mulmi und Parbati Gorkha - Koordination im Katastrophengebiet

Viele weitere Personen sind in die verschiedenen Projekte involviert. Anwälte, Aktivisten, Ingenieure - die unterschiedlichsten Akteure und Charaktere kommen zusammen, um den Menschen in Nepal beizustehen.